Die EFWalcker-Orgel Opus 226 (230) Bj 1867 Lausanne, St. Francois, III/33

Diese interessante Walcker-Orgel wurde in der Zwischenzeit 7-8 mal erweitert und umgebaut. Stellt also weniger ein praktisches Beispiel für Eberhard Friedrich Walckers Bauweise dar, als vielmehr einen schönen historischen Kommentar zur Orgelentwicklung.
Schon alleine deswegen, weil bereits nach 12 Jahren im Jahre 1880 von den Söhnen Eberhard Friedrichs zusätzliche Arbeiten gemacht wurden, fällt das Instrument sofort auf: es ist auf dem III.Manual, wo der bescheidene Eberhard Friedrich lediglich seine Physharmonika für notwendig befand, hat man recht bald ein „ordentliches“ Werk auf dem III.Manual mit 14 Register aufgesetzt. Schon drei Jahre später hat Goll weitere Arbeiten daran verrichtet, um dann Kuhn 1914 ranzulassen, der zunächst auf 51 Register, 1936 auf III/56 Register, 1949 weitere Aufhellungen und wieder III/56, 1955 auf IV/70, um dann 1995 V/75 hochgereizt hat, was wohl den derzeitigen Stand darstellt.
Es wäre vermessen zu sagen, irgendeine Zeit habe recht gehabt mit ihrer Dispositionierweise. Aber unter Monumentalorgel hat eben Eberhard Friedrich Walcker etwas völlig anderes verstanden, als es die heutige Disposition von Kuhn darstellt. Und wir können als Orgelbauer und Organist sehr schön die Charakteristiken der Zeit an den Dispositionen ablesen, so, wie der Arzt auf dem Fieberthermometer die Intensität der Krankheit ablesen und so den möglichen Exitus leicht voraussagen kann.

Hier zunächst einmal ein Bild der Orgel, deren Gehäuse aus 1777 von einem Samson Scherrer aus Toggenburg stammen soll. Jener Scherrer war offensichtlich noch bescheidener als Eberhard Friedrich Walcker und baute nur ein 22/II Werkelchen ein. Die Orgelgestalt nennt man „Louis XVI“. Die Brüstung vor dem Rückpositiv war früher (z.Zt Aufbau Walckers) nicht.
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Die von Eberhard Friedrich Walcker 1867 gebaute Orgel mit typischer Disposition, hat je nach Zählweise (Fischer oder Walckerliste) entweder Opus 226 oder 230 und war immer schon 3manualig (hier sind div. Fehler in Moosmann- und Walcker-Unterlagen).
Ihre Disposition ist:
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Die Söhne haben das Werk nur 12 Jahre später erheblich aufgerüstet:
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Da in der bestehenden Kuhn-Orgel immer noch Walckerregister vorhanden sind ist diese Orgel also für unsere Betrachtungen nicht nur rein platonisch und historisch interessant, sondern gäbe auch zu einer praktischen Klanganalyse einiges her.

Auch von jenem Scherrer sind noch Pfeifenreihen vorhanden. Im Einzelnen handelt es sich hier um:
Prestant 4′, I.Man.; Montre 8′ II.Man.; Prestant 4′ II.Man.; Quinte 2 2/3′ II.Man.; (vereinzelte Pfeifen von Kuhn ersetzt)

Von den Walckerpfeifen haben wir hier sogar einige Mensuren, die angegeben werden können:
Reihenfolge C, c, c1, c2, c3
Bourdon 16′ (jetzt im Recit IV) 155×118, 102×76, 62×47, 43, 27, 17,3
Cor de nuit 8′ (IV) 101×78, 70×49, 44×31, 27×44. 17×28, 10,6×16,8 lab 5,0
Prestant 4′ (IV) 92, 57, 37, 23, 14, 9,7 lab.4,0
Flute harmonique 4′ (IV) Walcker 2.Bauabschnitt 69×57, 42×34, 42, 25, 15, 9.2, 5, lab 5,0
Fourniture 2′ 51,31,20,14.5,9.4,6.5,4.0
Fourniture 1 1/3′ 39,22.5,14.5,9.5,7.2, lab 4,0
Flute Majeure 8′ (V) 132×95, 79×56, 56×43, 56, 36, 20

Flute 16′ (P) 280×217, 163×127, 93×79, g1=75×54
Soubasse 16′ (P) 380×314, 207×170, 123×103

WS I=75mm
II=85mm
III=80mm
IV=90mm
V=85mm
P=100mm für 32′ und 16′
P= 90mm für 8′

… und hier noch zwei schöne Ergänzungen. Einen Kalendereintrag von Eberhard Friedrich Walcker in seinem Notizkalender von 1866. „Bei Schiedmeyer bestellt: die durchschlagenden Zungen, wie Physharmonika u.a.“
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… und die Visitenkarte des Meisters aus diesem Kalender
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gwm

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